Blogeinträge

Ab und zu wird hier ein Blogeintrag erscheinen. Das kann alles möglich sein: Erfahrungen, die ich gemacht habe, ein Einblick in meine Arbeit und meinen Alltag oder einfach witzige Fakten. Viel Spaß beim Lesen :)

03 Reisebericht (13.01.2020)

Am 19.12.2019 verließ ich Nalerigu und machte mich auf eine Reise durch ganz Ghana. Erst nach Tamale auf den Artmarket. Diesen Kunstmarkt empfand ich als den entspanntesten bisher. Es sind viel weniger Menschen da und man kann in Ruhe von Laden zu Laden schlendern und die Gemälde, Trommeln, Xylophone, Bauchtaschen, Rucksäcke, Kleider, … anschauen. Vieles unglaublich farbenfroh. In Tamale stieg ich dann um. Es ging in den Kühlschrank namens Intercitybus, der mich quer durch Ghana nach Accra fuhr.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Accra zu fahren ist nochmal ein ganz anderes Kaliber als in Nalerigu. In den Trotros gibt es eigentlich quasi immer einen „Mate“, der die Tür öffnet, das Geld kassiert und die Stationen ansagt. Je nach Tageszeit habe ich erlebt, dass sich Mates verschiedener Trotros um Passagiere streiten, da so wenig los ist. Zu anderen Tageszeiten streiten sich Passagiere, wer in den Trotro darf.
Im Gegensatz zu Nalerigu fahren die Trotros hier auch los, wenn nicht alle Plätze besetzt sind. Wenn das aber der Fall ist, ruft der Mate allen, die auf dem Gehweg laufen die Station entgegen, um so Werbung zu machen.
Ich habe mir gedacht, dass der Job der Mates ein echt harter ist, da man ständig ruft, häufiger mal dem schon fahrenden Trotro nachsprinten muss und sich ständig merken muss, wer noch nicht bezahlt hat und wer wo raus gelassen will.
In Accra kam ich mit den wenigen Brocken an Mampruli, die ich spreche echt erstaunlich weit. Eigentlich spricht man hier hauptsächlich Twi und Ga, aber ab und zu wurde ich auf einer Sprache begrüßt, die dem Mampruli sehr nah kam. Meine Gesprächspartner waren dann sehr froh, wenn ich ihn richtig antwortete. Nach Accra hatte ich dann nur noch Englisch, da man in der Central Region hauptsächlich Fante spricht.


Bald fuhr ich nach Kokrobite, einen Ort am Strand. Hier verbrachte ich auch Weihnachten. Eigentlich wollte ich hier surfen lernen, aber meinen ganzen Aufenthalt lang waren die Wellen echt bescheiden. Zum Baden hat es aber auf jeden Fall vollständig gereicht. Weil Weihnachten unter Palmen an einem Strand mit traditionellen Tänzen und Trommeln nicht dem entspricht, was ich 17 Jahre erlebt habe, hat es sich auch recht wenig nach Weihnachten angefühlt. Es war viel mehr wie ein Animationsabend in einem Sommerurlaub. Trotzdem war es auf jeden Fall sehr schön. Nach Weihnachten ging es nach Capecoast. Auch am Strand, aber hier waren die Wellen zu stark, um wirklich surfen/ baden zu gehen. Ich lernte Kojo kennen, der wunderbar Gitarre spielt und eine unglaublich schöne Stimme hat. Mit Lagerfeuer und Gitarrenmusik am Strand lässt es sich leben. An den Orten, an denen ich war, war es tatsächlich nicht schwer sich vegetarisch oder vegan zu ernähren, was mich sehr freute. Der vegane Burger hier in Capecoast hat nicht nur meinen Magen gefüllt, sondern auch meinen Geldbeutel geleert. Mein Besuch in Capecoast Castel war lehrreicher und erschreckend. In dieser ehemaligen Sklavenburg mussten damals die Sklaven unter unmenschlichsten Bedingungen „leben“. Mit 200 Männern vegetierte man hier in einem dunklen Raum von vielleicht zehn mal fünf Metern Fläche vor sich hin. Der Guide erklärte uns, dass wenn man nicht in seinen eigenen Exkrementen, in denen seines Nachbarn schlief. Es gab keinerlei Form von Toilette. Ironischerweise war direkt über diesem sogenannten „Male Dungeon“ eine Kirche. Die Frauen „lebten“ unter den gleichen Bedingungen im „Female Dungeon“.
Nach diesem wirklich einprägsamen Besuch in der ehemaligen Sklavenburg verbrachte ich viel Zeit am Strand. Um 00:00 Uhr begann mein Geburtstag und ich bekam einen Brownie und ein paar Dinge, über die ich mich sehr freute.
Als es an diesem Tag wieder hell wurde machte ich mich auf nach Busua. Eine Bucht mit einer Insel, nicht weit weg vom Strand. Am späten Nachmittag kam ich an und lernte über die Tage meines Aufenthaltes viele verschiedene Leute kennen. Verschiedenste ghanaische Touristen und Einheimische, Freiwillige aus Deutschland, Freiwillige aus Spanien, Reisende aus Holland, den USA und Belgien. Sogar einen Tübinger traf ich. Mein Silvesterabend war geprägt von lauter Musik, Lagerfeuern und Trommeln. Für die meisten war die Feier schon um 01:00 Uhr vorbei. Ab da war die Musik aus und die meisten Leute nicht mehr am Strand. Ich ging irgendwann um 04:30 Uhr ins Bett. Hier in Busua lernte ich dann auch endlich surfen. 
Nach der ersten Einheit meinte mein Lehrer, ich sei ein Naturtalent und er würde mir gerne noch zwei weitere Einheiten geben. Ich war geehrt und mir aber nicht sicher, ob es nicht vielleicht auch eine Verkaufsstrategie war. Ein paar Wellen konnte ich stehen, worüber ich echt froh war. An meinem letzten Tag hier in Busua nahm ich mit ein paar anderen Freiwilligen ein Schifferboot zu der kleinen Insel. Sie fungierte für die Fischer hier als eine Art Gebetsort, wurde mir erklärt.
Nach Busua fuhr ich mit einem kurzen Halt in Capecoast wieder nach Accra, wo ich die letzten Tage meiner Reise noch eher „westlich“ mit Klimaanlagen, Kino, Käsespätzle, Einkaufszentrum und Netflix verbrachte. Weil ich so etwas inzwischen mehr als fünf Monate nicht mehr hatte, empfand ich es als okay, mir das mal zu gönnen.


Nach diesen wunderschönen und ereignisreichen Tagen kam ich wieder in meinem Dorf Nalerigu an, wo ich unglaublich lieb und herzlich begrüßt wurde. Meine Gastgeschwister waren extra einen Tag länger geblieben, um noch einen Tag mit mir zu haben, bevor sie wieder zur Schule in einer anderen Stadt gingen. An dem Tag, an dem ich ankam wurde ich dann auch noch von einem sehr guten Freund hier gefragt, ob ich sein Trauzeuge sein möchte. Ich fühlte mich unglaublich geehrt und sagte natürlich zu. Gerade lassen wir uns passende Anzüge anfertigen. Am 25.01. ist dann die Feier. Zwar war es schade jetzt nicht mehr zu reisen und in kürzester Zeit unglaublich viele Leute kennenzulernen und verschiedene Orte zu sehen, aber Nalerigu wurde über die inzwischen fast 6 Monate zu meiner Heimat und ich bin froh wieder hier zu sein.


02 Welcome To Nalerigu (23.09.2019)

Mittlerweile bin ich seit mehr als einem Monat in Nalerigu und habe auch schon angefangen, zu arbeiten. Weil ich in dem Video „Welcome To Nalerigu (https://youtu.be/WOkG2dttO_s)“ schon einiges allgemein über diesen Ort und meine Aufgabe hier gesagt habe, kommt nochmal etwas über mein persönliches Leben hier.

Ich unterrichte die Klasse „Form 2“. Das heißt zweite Klasse der Junior High School. Das sind die zweitältesten in der Schule. Hier sind die Schüler*innen um die 16 Jahre alt. 

Kurz zur Erklärung: Als Schüler*in besucht man hier erst den Kindergarten, dann sechs Jahre die Grundschule, die in „lower-“ und „upper Primary“ aufgeteilt ist und dann für drei Jahre die Junior High School. Mein Fach heißt „Computing“ und ist mit ITG vergleichbar. Die Schule hat vier eigene Computer, wenn ich es richtig weiß. Der Lehrplan des Kindergartens und der Grundschule hat sich dieses Jahr komplett umgestellt und nächstes Jahr kommt dann die Junior High School. Aus diesem Grund ist das Buch, dessen Inhalte ich unterrichte ein bisschen veraltet. Unter der Überschrift „neue moderne Technologien“ stehen Dinge wie Windows 7 oder ein Tastenhandy.

Meine andere Klasse ist die „Basic 6“ (B6). Das sind die ältesten Grundschüler*innen.

Hier unterrichte „Creative Arts“ und im Gegensatz zu dem Fach „bildende Kunst“ kommen hier auch noch Dinge wie Schauspiel, Tanz und Musik dazu, was auch einen großen Pluspunkt bei meiner Entscheidung gemacht hat.

Diese Klasse zu unterrichten fällt mir etwas schwerer. Die Kinder sind ungefähr 13 und streiten sich untereinander um einiges mehr als meine andere Klasse. 67 Kinder sprechen nun mal schon für sich, ich bin aber optimistisch das hinzubekommen.



Im Feedingcenter passiert jeden Tag wieder etwas Neues. Von spontanen Tanzeinlagen über Federbälle vom Kirchdach fischen bis hin zu Schuluniform einkaufen gehen habe ich in der kurzen Zeit schon einiges mit den Kindern gemacht. In einem Ort namens Nakpanduri, nicht weit von Nalerigu gibt es auch zwei Freiwillige aus Deutschland. Im letzten Jahr haben die Kinder aus Nakpanduri gegen die Kinder aus Nalerigu ein Fußballturnier ausgetragen und haben uns schon gefragt, ob wir das wiederholen können. Die Freiwilligen habe ich inzwischen auch schon kennengelernt und ich kann mir gut vorstellen, da irgendwann im Laufe des Jahres zusammen was zu machen.



Über die Wochen kamen immer mehr Freizeitbeschäftigungen dazu, so dass ich momentan einen relativ vollen Wochenplan habe:

Am Dienstag essen wir immer im Feedingcenter zu Abend. Die Familie kocht für uns und man unterhält sich nett. Der älteste Sohn ist vor drei Wochen Vater geworden.

Am Mittwoch- und Samstagabend ist immer Chor in der katholischen Kirche. Es ist eine sehr heitere Atmosphäre und weil ich noch nie zuvor richtig in einem Chor gesungen habe, muss ich noch ein bisschen reinkommen. Der Chorleiter hat betont, dass es ein weltoffener Chor ist und mir auch schon angeboten deutsche Kirchenlieder mitzubringen, um sie im Chor einzuüben.

Donnerstagabend kann man für umgerechnet ca. 1,50€ ein internationales Essen essen. Von ehemaligen Freiwilligen habe ich gehört, dass sie da auch schon Käsespätzle gemacht haben. Dieses Treffen kam daher, da Leute aus aller Welt im Krankenhaus von Nalerigu arbeiten und heimische Gerichte vermisst haben.



Mein Handyanbieter hat ein Angebot, bei dem man für umgerechnet 0,50€ in der Zeit zwischen Mitternacht und 05:00 Uhr morgens, 5GB Datenvolumen bekommt. Das mache ich häufig am Freitagabend, da ich am Samstag ausschlafen kann. Ich downloade dann Tutorials für mein Musikprogramm und schaue mir YouTube-Videos an. In Nalerigu sehe ich häufig kleine Wasserbeutel, die die Leute hier trinken. Auf YouTube habe ich ein Video gesehen, in dem Leute aus diesen Beuteln ein Fußballnetz gemacht haben. Die Idee hat mir sehr gefallen und ich habe schon angefangen mit den Kindern aus dem Feedingcenter selber ein Netz zu basteln. Die Kinder haben in nicht mal einer Stunde 1394 dieser Wasserbeutel aufgetrieben und in den letzten Tagen haben wir diese gewaschen, zugeschnitten und zu einem Netz geflochten.

Zwar gibt es im Krankenhaus W-Lan, allerdings habe ich dazu nicht das Passwort und im Rest von Nalerigu habe ich noch kein W-Lan gesehen.



Samstagnachmittags biete ich einen Tanzworkshop an, zu dem bisher immer ein paar Kinder und Jugendliche gekommen sind. Das ganze hat den Hintergrund, dass ich seit sechs Jahren Breakdance tanze und hier beobachtet habe, dass viel getanzt wird, es aber keinen richtigen Tanztreff gibt.

Ich hoffe, dass es sich rumspricht und von Woche zu Woche mehr tanzbegeisterte Personen kommen.

Sonntags bin ich morgens in der Kirche und am Nachmittag Frisbeespielen.



Meine Tagebucheinträge sind jeden Tag gut gefüllt und es passiert echt vieles hier. Weitere Blogeinträge folgen bestimmt in nicht alt zu langer Zeit.

01 Welcome To Accra (05.08.2019)

Während mein Tandempartner und ich in der Hauptstadt Ghanas „Accra“ eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis beantragen, schauen wir uns die Stadt an und erleben die Kultur.

Ein paar Dinge, die ich erlebt und gelernt habe:



In Ghana leben über 20 Millionen Menschen und in Accra über 4 Millionen

Ich habe fast nur Menschen mit sehr kurzen Haaren oder künstlichen Extensions gesehen. Häufig habe ich tanzende Menschen auf den Gehwegen gesehen. Obwohl bisher alle Leute einsichtig mit mir waren, wurde mir gesagt, dass ich Dinge nur mit der rechten Hand geben/ annehmen soll, da die linke Hand als unsauber gesehen wird. Außerdem soll man für eine ältere Person aufstehen und den eigenen Sitzplatz anbieten. Es gibt zwar Wasser in Flaschen, dennoch tranken die Leute in den meisten Fällen aus 500ml Plastikbeuteln. Das ghanaische Essen, das ich bisher gegessen habe war meistens scharf und wenn man es richtig machen würde, würde man mit den Fingern der rechten Hand essen, wir bekamen aber freundlicherweise auch immer Besteck. Wenn man einer roten Ampel wartet, werden einem Wasser und Snacks angeboten, die meist auf dem Kopf getragen werden. Mir ist aufgefallen, dass sich die Leute meist mit einem „Ssssss“-Laut zugerufen haben. Weil Accra so groß ist, sind wir viel mit dem Auto gefahren, aber der Fahrer kennt sich super aus, also finden wir alles. An beinahe jeder Ecke, die ich aus Accra gesehen habe, wurde gebaut.



Zwar ist Englisch in Ghana die Amtssprache, aber in Accra wird hauptsächlich „Twi“ geredet. Außerdem gibt es für jede Person nicht nur den Namen, den sie von den Eltern bekommen hat, sondern auch einen, der vom Wochentag abgeleitet wird, an dem man geboren wurde.

Ich wurde zum Beispiel am 29.12.2000 geboren, was ein Freitag war. Mein Name lautet demnach „Kofi“.

Hier eine Tabelle mit den Namen (diese Namen benutzt man hauptsächlich in Accra):

Männlich:

Montag: Kojo
Dienstag: Kwabena
Mittwoch: Kwaku
Donnerstag: Yaw
Freitag: Kofi
Samstag: Kwame
Sonntag: Kwasi

Weiblich:

Montag: Adwoa
Dienstag: Abena
Mittwoch: Akua
Donnerstag: Yaa
Freitag: Efia
Samstag: Ama
Sonntag: Asi